Als der amerikanische Bundesstaat Kalifornien ankündigte, per 1972 nur noch Autos mit Normalbenzinbedarf zulassen zu wollen, reagierte Porsche sofort und richtete die Produktpalette auf 91 Oktan aus. Weniger Leistung aber wollte man den Sportwagen-Käufern nicht zumuten und so erhöhte man den Hubraum, was unter dem Strich sogar eine Leistungssteigerung bedeutete.
Porsche tat gut daran, sich an den amerikanischen Vorschriften auszurichten, denn zu jener Zeit ging über 50% der Produktion in die Staaten. Dass allerdings der amerikanische Staat die kalifornischen Vorschriften für Normalbenzin kurzfristig wieder kippte, kam für Porsche und meisten anderen Hersteller zu spät und es sollten Jahre vergehen, bis Porsche wieder zu höher verdichteten Motoren zurückkehrte.
Stetige Verbesserung
Schon seit Beginn der 901/911-Baureihe hatte Porsche seinen Sportwagen Jahr für Jahr verbessert und die Modellpalette ausgebaut. Bereits 1967 war der 911 T als Einstiegs-Sechszylinder dazugekommen, 1969 hatte man den Hubraum auf 2,2 Liter vergrössert und damit auch leistungsmässig einen Sprung nach vorne gemacht.
Ansonsten blieb sich der 911 natürlich treu. Heckmotor, einzeln aufgehängte Vorderräder mit Torsionsstabfederung vorne hintere Einzelradaufhängung mit Schräglenkern, querliegenden Drehfederstäben und Teleskopdämpfern, sowie Scheibenbremsen rundum waren Standard und eines Sportwagens würdig.
Mit dem 1971 vorgestellten 2,4-Liter-Modell erhöhte man den Hubraum auf 2341 cm3 und senkte die Verdichtung auf 7,5 bis 8,5 zu 1 je nach Modell.
Äusserlich war der neue Jahrgang am neuen Frontspoiler (Serie beim S, gegen Aufpreis bei E und T), an den mattschwarzen Kühlergittern/Schriftzügen sowie an der aussen liegenden Ölklappe hinten rechts zu erkennen.
Drei Modelle bildeten die 911-Palette des Jahres 1972. Der 911 T war das Einstiegsmodell, es leistete 130 PS (Vorgänger 125 PS) und war für Europa mit Solex-Zenith-Vergasern, für Amerika mit einer Einspritzung ausgerüstet. Der 911 E leistete 165 PS (Vorgänger 160 PS), der 911 S satte 190 PS (Vorgänger 180 PS).Bei allen drei Typen kam ein neu entwickeltes und robusteres Vierganggetriebe zum Einsatz, welches das vorher standardmässig eingebaute Fünfganggetriebe mit dem ersten Gang links hinten ersetzte. Gegen Aufpreis gab es aber weiterhin fünf Gänge, die nun dem normalen H-Schema mit rechts aussenliegendem fünften Gang folgten.Neu verfügbar war auch ein grösserer Tank, der gegen zusätzliches Geld zusammen mit einem Faltersatzrad im Bug untergebracht war.
Auf den aussenliegenden Öleinfüllstutzen verzichtete Porsche übrigens im zweiten Baujahr des 2,4-Liters gerne wieder. Gar allzu oft war durch diese Öffnung Benzin eingefüllt worden, was natürlich gar nicht im Sinne der Langlebigkeit des luftgekühlten Boxermotors war.
Wirklich verbessert
Natürlich lechzten die damaligen Autojournalisten vor allem nach Probefahrten mit dem besonders starken 911 S. Die Automobil Revue veröffentlichte ihren Kurztest unter dem Titel “Spitzensuper mit Normalbenzin” und gestand dem “fauchenden Boxer im Heck” das Zeug zu überragenden Fahrleistungen, denn der Sprint von 0 bis 100 km/h war schon nach 6, 6 Sekunden erledigt. Fast 235 km/h schnell war der schnelle Zuffenhausener, da hatten die Kollegen von Auto Motor und Sport das Einsehen, denn deren 911 S lief “nur” 231,4 km/h und nahm sich 7,4 Sekunden, bis Tempo 100 km/h erreicht worden war.
Kritikpunkte gab es auch, etwa das laute Motorengeräusch, die stossempfindlichen Lenkung, die drehzahlabhängige Heizwirkung oder die zuwenig präzise Schaltung. Nicht als negativ empfunden wurde damals der Testverbrauch von 17,3 Liter pro 100 km/h (AR), respektive 16,9 Liter (AMS). Diese Trinksitten empfand man als angemessen, störte sich aber am kleinen Serien-Tank, der die Reichweite bei beherzter Fahrt doch sehr stark begrenzte.
Während das Einstiegsmodell 911 T mit den Fahrleistungen des 911 S natürlich nicht ganz mithalten konnte und zudem auch auf die Stabilisatoren an der Vorder- und Hinterachse verzichten musste, waren die geäusserten Minuspunkte 1:1 auch bei ihm anzukreiden.
Dafür brillierte der 911 T im Vergleich zum 911 S mit einem fast 30 Prozent günstigeren Einstandspreis. DM 22’980 waren beim Kauf in Deutschland fällig, ein 911 S schlug mit DM 30’680 zu Buche. In der Schweiz lag das Preisverhältnis ähnlich, CHF 33’650 kostete der günstige T, CHF 41’800 das schnelle S. Ein Sport-Paket machte das Konto um CHF 1585 leichter, Sportsitze um je CHF 340, ein elektrisches Schiebedach gab es für CHF 1720 und die begehrten Fuchs-Felgen mussten mit CHF 1540 (für fünf Stück) berappt werden.
Für den Gegenwert eines Porsche 911 T konnte man im Jahr 1972 vier VW Käfer oder zwei BMW 2002 kaufen.
Das 2,4-Liter-Modell wurde bereits nach zwei Jahren Bauzeit durch das 2,7-Liter-G-Modell mit den sogenannten Faltenbälgen an den Stossstangen ersetzt. Bis dahin hatten gerade einmal 3818 911-T-Coupés mit Vergasern das Werk verlassen. Damit waren sie die am häufigsten bestellte Variante diesseits des Atlantiks, sowohl 911 E als auch S waren seltener. Auch die Amerikaner griffen am liebsten zur (eingespritzten) Einstiegsvariante. Und sie fuhren damit nicht schlecht.Tatsächlich vermittelt bereits die 130 PS starke “Sparvariante” viel Fahrfreude und das komplette Porsche-Fahrgefühl. Mit stehenden Pedalen und der etwas nachgiebigen Schaltung merkt man dem 911 T zwar sein Alter an, im Verkehr aber schwimmt auch die Basisvariante munter im Verkehr mit. Schliesslich haben die gut im Futter stehenden Pferdestärken ja mit den rund 1050 kg Gewicht auch ein vergleichsweise leichtes Spiel.Die Sitze sind bequem, die Rundumsicht perfekt und die Bedienung gibt kaum Rätsel auf, wenn man einmal das Zündschloss links vom Lenkrad entdeckt hat.
Im Heck sägt und kreischt je nach Drehzahl der luftgekühlte Sechszylinder-Boxermotor. Nur der Zeiger der Tankuhr bewegt sich nicht zuletzt wegen der Normalbenzin-Orientierung auch heute noch relativ schnell nach unten.
Auch heute noch liegen die Preise des 911 T rund 25% unter denen des S-Modelles, aber sie steigen schneller als beim schnelleren Bruder. Denn offensichtlich haben auch die Liebhaber herausgefunden, dass ein 911 T eigentlich kaum weniger “Porsche-Feeling” ausströmt als der gehätschelte 911 S. Der Abstand zwischen T und S wird also geringer und so gehören hoffentlich die in den letzten Jahren nur allzu häufigen “Upgrades” zum S oder RS hoffenltich bald der Vergangenheit an.
Quelle: Zwischengas.com